Donnerstag, 14. August 2008

Die russische Opposition zum Krieg in Georgien

Die Nachrichtenagentur Rosbalt faßt die Reaktionen von sechs führenden Persönlichkeiten der russischen Opposition zusammen: Sergej Mitrochin, Vorsitzender der Partei "Jabloko", Nikita Belych, Vorsitzender der "Union der rechten Kräfte", Garri Kasparow, Michail Kasjanow, Sergej  Kowaljow von der Menschenrechtsorganisation Memorial sowie Eduard Limonow, ehemaliger Vorsitzender der inzwischen verbotenen Nationalbolschewistischen Partei Rußlands.

Mitrochin äußerte Verständnis dafür, daß man nicht an die internationale Gemeinschaft habe appellieren können "während nebenan eine ganze Stadt vernichtet wird". Gleichzeitig warnte er vor einer Anerkennung Abchasiens und Südossetiens durch Rußland - dies wäre für Rußland ein Bumerang. Vielmehr man die Beachtung der Rechte nationale Minderheiten in allen Ländern garantieren.

Der Vorsitzende der "Union der rechten Kräfte", Nikita Belych, stimmte darin überein, daß die Situation am 8. August, als russische Friedenskräfte angegriffen wurden, ein bewaffnetes Eingreifen unumgänglich machten. Gleichzeitig gab er zu bedenken, daß diese Situation ein Resultat der Politik der USA, Rußlands und Georgiens gewesen sei. Belych distanzierte sich von Bemühungen der russischen Regierung, ultimativ einen Regierungswechsel in Georgien zu fordern: die Wahrscheinlichkeit, daß Saakaschwili vom Präsidentenamt zurücktrete, sei "umgekehrt proportional zur Lautstärke unserer Forderungen".

Garri Kasparow sieht in der Eskalation des Südossetien - Konfliktes einen Versuch des georgischen Präsidenten, seine innenpolitischen Probleme zu lösen. An den "Partnern" Rußlands läßt er jedoch kein gutes Haar: Er spricht vom "kriminellen Regime" des südossetischen Präsidenten Kokoity, dessen finanzielle Unterstützung die Korruption "auf dem ganzen Weg von der russischen Zentralbank bis Zchinwali" ermöglicht habe. Abchasien wiederum sei "Teil des gigantischen Abenteuers unter dem Namen Sotschi 2014", wodurch viele Russen in dieser Region konkrete finanzielle Interessen hätten.

Michail Kasjanow warf der russischen Führung vor, daß Land mit ihren "agressiven und unproportionalen Handlungen" in eine Sackgasse geführt zu haben. Als Mitglied des Weltsicherheitsrates müsse Rußland um eine Resolution bemüht sein, die eine Waffenruhe und eine Trennung der Konfliktparteien unter der Kontrolle der UNO und der OSZE fordere.

Sergej Kowaljow verurteilte wie alle anderen Oppositionspolitiker ebenfalls Georgien, wies jedoch darauf hin, daß die Worte "konstitutionelle Ordnung" auch in Rußland bereits 1994 beim ersten Tschetschenienkrieg gebraucht worden seien. Aus dem zweiten Tschetschenienkrieg ab 1999 sei der Bevölkerung dagegen noch die Rede vom "Krieg bis zum siegreichen Ende" und die Absage an Verhandlungen in Erinnerung. Der "zweifelhafte militärische Sieg" habe das Land die Demokratie gekostet. Das Opfer des nun begonnenen Krieges könne "Georgien als demokratisches Land und als verantwortungsvolles Mitglied der internationalen Gemeinschaft" sein. Wenn die internationale Gemeinschaft die "russischen Agressionen" nicht stoppe, könne Rußland außer Südossetien noch weitere Teile Georgiens an sich reißen, viele "verantwortungslose russische Politiker" redeten sogar bereits von der Krim.

Der Vorwurf des Nationalbolschewisten Limonow an die Regierung lautete im Unterschied zu allen anderen Politikern, Abchasien und Südossetien nicht bereits früher anerkannt zu haben oder sie als Teil Rußlands aufgenommen zu haben.

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