Dienstag, 14. August 2007

Russischem Blogger droht Haft wegen Beleidigung der Polizei

"Bullen und Schläger - das ist dasselbe. Es wäre nicht schlecht, wenn untreue Polizisten regelmäßig auf dem Stefanovskij - Platz verbrannt würden." Diese Worte, veröffentlicht als Kommentar im Blog eines Journalisten könnten einen russischen Blogger und Musiker teuer zu stehen kommen - ihm drohen eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft.

Savva Terentjev lebt in Syktywkar, der Hauptstadt der Republik Komi im Norden Russlands. Er führt einen Blog, in dem er hauptsächlich von seinen musikalischen Vorlieben berichtet und seine Band "Durdom" als "die beste Ska-Punkgruppe der Republik Komi" bezeichnet. Die Vorgeschichte der ihm zu Last gelegten Äußerungen beschreibt gazeta.ru:  Danach begann alles im Dezember 2006, als Angehörige der Einheit "K" (für Computerkriminalität) des Innenministeriums von Komi die Redaktion der Zeitung "Iskra" durchsuchten und dort gefälschte Software entdeckten. Die anschließende Beschlagnahmung von sechs Festplatten sehen Mitarbeiter der Zeitung als Reaktion auf deren oppositionelle Ausrichtung und die Unterstützung eines für die herrschende Partei "ungünstigen" Kandidaten bei den Wahlen in der Republik an. Auf diesen Vorfall bezog sich ein Benutzer mit dem Namen "terentjev", als er im Blog des Journalisten Boris Suranov die oben zitierte Äußerung über das öffentliche Verbrennen von Polizisten schrieb.

Ein Strafverfahren gegen Terentjev wurde im März 2007 eingeleitet, nachdem sich ein Leser des Blogs über die Äußerung beschwert hatte. Angehörige der Einheit "K" führten am 16. März eine Hausdurchsuchung beim Blogger und Musikanten durch und beschlagnahmten Computer und Disketten. Der Vorwurf, der gegen ihn erhoben wurde, lautete auf "Schüren sozialer Zwietracht". Terentjev bestreitet diesen Vorwurf; er habe keinerlei Zwietracht schüren wollen, sagt er. 

Vier Monate brauchten die Behörden, um die Frage der Urheberschaft Terentjevs für den Kommentar zu klären. Eine erste Analyse durch eine Doktorin der Philologie ergab, daß der beanstandete Text weder einen Aufruf zu "sozialer Feindschaft" enthalte noch sein Verfasser zu ermitteln sei. Eine zweite Analyse durch vier lokale Wissenschaftler ergab dann in beiden Fragen das gegenteilige Resultat. Dabei stützen sich die Anschuldigungen unter anderem auf stilistische Auswertungen alter Schulaufsätze Terentjevs. 

Als der Musiker nach Ablauf eines Reiseverbotes zu einem Auftritt seiner Band nach St. Petersburg fahren wollte, wurde er zur Fahndung ausgeschrieben und aus dem Zug geholt, um ihm die Vorladung zum nächsten Verhör zu übergeben. Ihm drohen nun eine Geldstrafe von mindestens 200.000 Rubel (knapp 5.800 Euro) oder bis zu fünf Jahre Haft - die Anklage lautet auf "Erregung von Haß oder Feindschaft, gleichzeitig Erniedrigung der menschlichen Würde." 

Russlands Blogger reagieren verunsichert. So zitiert beispielsweise td_mtu_1500ag nur den Artikel von gazeta.ru über den Fall und kommentiert, er werde nur Filmrezensionen verfassen, da er nicht auf den Solowezki-Inseln enden wolle. 

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