Mittwoch, 14. Januar 2009

Turkmenistan: ein Buch und die Konzerne

„Billiger war Korruption wohl selten zu haben“ heißt es im Tagesspiegel anläßlich Arto Halonens Film "Ruhnama - Im Schatten des Heiligen Buches". Der Film wurde am gestrigen Dienstag im Berliner Zeughauskino im Rahmen des „ueber Macht“-Filmfestivals gezeigt. Er zeigt, wie internationale Konzerne das obskure Buch „Ruhnama“ des inzwischen verstorbenen turkmenischen Staatschefs Saparmyrat Nyýazow, besser bekannt als „Türkmenbaşy“ (Führer der Turkmenen) übersetzten. Dies sicherte unter anderem DaimlerChrysler lukrative Aufträge in dem rohstoffreichen zentralasiatischen Staat. Andererseits dienten diese internationalen Übersetzungen in Turkmenistan der Festigung des Personenkultes um Nyýazow. Beide Seiten schummelten ein wenig: die turkmenische Führung übertrieb gegenüber ihrem Volk das Ansehen, das Nyýazows Buch im Ausland genoß, die westlichen Firmen bemühten sich hingegen, die Übersetzungen in ihren eigenen Ländern nicht an die große Glocke zu hängen. Dementsprechend stießen die Filmemacher bei ihren Interviewwünschen immer wieder auf verschlossene Türen in den Konzernzentralen.


An der anschließenden Podiumsdiskussion nahm unter anderem auch der im Film gezeigte turkmenische Menschenrechtsaktivist Ruslan Tuhbatullin teil. Er zeigte sich pessimistisch über die Aussichten auf eine Änderung der politischen Verhältnisse in Turkmenistan für die nahe Zukunft. Einzelne kritische Stimmen aus dem Publikum warfen die Frage auf, ob es nicht zu kurz gegriffen sei, die Konzerne für ihre Geschäfte mit Turkmenistan zu kritisieren, ohne die Rolle der Politik zu hinterfragen. Ein einzelner Zuschauer, der laut eigener Aussage seit zwanzig Jahren Geschäftskontakte nach Nordkorea unterhält, empfand die westliche Herangehensweise an die Situation in Turkmenistan als vollkommen naiv, da sie außer acht lasse, daß das dortige System nicht auf einer einzelnen Führerpersönlichkeit basiere, sondern wesentlich tiefere gesellschaftliche Wurzeln habe. Auf seine Frage, was die Veranstaltung bezwecken solle, antwortete Mieste Hotopp-Riecke von der „Gesellschaft für bedrohte Völker“, daß schon das Informieren über die Situation in Turkmenistan sowie die Diskussion hierüber einen Wert darstelle. Und auch Tuhbatullin sah in der Verbreitung von Nachrichten aus seinem abgeschotteten Heimatland – bis vor kurzem soll es dort keinen öffentlichen Internetzugang gegeben haben – eines seiner wichtigsten Anliegen.

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