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Donnerstag, 2. Juli 2009

Länderbericht Polen: Geschichtsdebatten am Ende der Gutenbergperiode nur noch drittrangig?


Beinahe 700 Seiten ist der von der Bundeszentrale für politsche Bildung erschienene Länderbericht Polen stark, den die Herausgeber Dieter Bingen und Krzysztof Ruchniewicz am Donnerstag in der Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz in Berlin vorstellten. Hätte man auf die zahlreichen Karikaturen, die oft mehr als viele Worte sagten, verzichtet, wäre er noch dicker geworden, merkte Dieter Bingen scherzhaft an. Bingen legte auch Wert auf die Feststellung, daß etwas mehr als die Hälfte der Autoren, die Beiträge zu Polens Geschichte, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Bildung, Kultur sowie der Rolle des Landes im internationalen System verfaßten, aus Polen selbst stammten. Mitherausgeber Ruchniewicz spann den Gedanken weiter – der interessierte Leser könne sich fragen, was den polnischen Autoren wichtig gewesen sei, wie sie selbst ihr Land sehen würden. Eine Antwort auf diese Frage lautet: die Geschichtsdebatten, die im deutsch-polnischen Verhältnis immer wieder für lautstarke Irritationen sorgen, haben für das Selbstverständnis der Polen längst nicht den Stellenwert, um etwa dem Themenkomplex „Flucht und Vertreibung“ ein eigenes Kapitel zu widmen. Statt dessen taucht dieses Thema in unterschiedlichen Zusammenhängen im ganzen Buch auf.


Während die Herausgeber Wert darauf legten, in dem Länderbericht besonders Autoren zu versammeln, denen in Deutschland noch nicht dieselbe Aufmerksamkeit zuteil wird wie im Nachbarland, durfte bei der Buchpräsentation ein altbekanntes Gesicht des polnisch-deutschen Dialogs nicht fehlen. Adam Krzemiński, der sich daran erinnerte, in jüngeren Jahren bei der Bundeszentrale so manches Buch „abgestaubt“ zu haben, freute sich zunächst darüber, daß der Sammelband am „Ende der Gutenbergperiode“ dennoch in einer Auflage von knapp 10.000 Exemplaren erscheinen konnte. Während die Herausgeber die Frage des Moderators, welcher Beitrag sich denn zum Einstieg in den Wälzer am besten eigne, nicht so recht beantworten wollten, bezog Krzeminski klar Stellung: Fachleute sollten mit der Lektüre von hinten anfangen. Der Aufsatz von Kai-Olaf Lang unter dem Titel Vom Störenfried zur Gestaltungsmacht – Polen in der Europäischen Union erkläre viele aktuelle Probleme. Weiter empfahl Krzemiński das Kapitel zur Wirtschaft – einmal, weil man das Thema als „Nicht-Experte nicht überschaut“, aber auch, um alte Stereotype von der „polnischen Wirtschaft“ zu korrigieren. Wenig warme Worte fand der Historiker Krzemiński ausgerechnet für den Geschichtsteil und stimmte dann in den allgemeinen Tenor der Veranstaltung ein: für die Generation der heute 30- bis 40-jährigen sei der Geschichtsstreit nur noch drittrangig.

Freitag, 12. Dezember 2008

Rußland: Das Geschäft mit der Sowjetnostalgie

Im kapitalistischen Rußland erlebt die Sowjet-Nostalgie eine neue Blüte, wie kommersant.ru zu berichten weiß . Dabei geht es weniger um Ideologie, als um Erinnerungen an eine vermeintlich unbeschwerte Jugend.


Besonders bemerkbar macht sich der Trend im Bereich der Gastronomie. Cafés und Stehimbisse mit Namen wie „UdSSR“ oder „Freundschaft“ laufen erfolgreich. Besonderer Beliebtheit erfreut sich die klassische „ stolowaja“, die Kantine, die für preiswertes und gutes Essen steht. Die Geschäftsmodelle sind durchaus unterschiedlich. Während in Moskau mancherorts durch und durch unsozialistische Preise zu zahlen sind, dafür aber auch schon mal ein Striptease zum Dessert geordert werden kann, setzen andere Betriebe auf kleine Preise und dafür größere Mengen an Kundschaft – und machen dabei teilweise Umsätze, die sich mit denen von etablierten Restaurants messen können. Auch das Kaufhaus „GUM“ am Roten Platz in Moskau vermarktet erfolgreich seine sozialistische Vergangenheit.


Die Nostalgiewelle erfaßt daneben weitere Bereiche der Alltagskultur: spezielle Spartensender zeigen sowjetische Filme und Berichte etwa über den Weltraumflug Gagarins oder die Beerdigung Breschnejws. Großer Beliebtheit erfreut sich zur Zeit auch die Musik der 1980er Jahre. Im Internet werden erfolgreich sowjetische Propagandeplakate als Poster vertrieben. Und aus der Initiative dreier Freunde entstand ein Museum für alte sowjetische Spielautomaten am Rande Moskaus.


Einig sind sich alle im Artikel zitierten Stimmen, daß das Nostalgiephänomen sich nicht aus dem Wunsch speist, das alte System wiedersehen zu wollen. Der Psychologe Wadim Petrowskij spricht vom Streß, der den Wunsch wecke, sich wieder wie ein Kind fühlen zu können – und wenn diese Kindheit in den 1960er, 1970er oder 1980er Jahren stattfand, würde sie eben mit der Sowjetunion assoziiert. Demzufolge könnte sich auch die am Ende des Artikels angeführte Prognose bewahrheiten, derzufolge in nicht allzuferner Zukunft mit einer 90er-Jahre Mode zu rechnen sei.

Dienstag, 2. Dezember 2008

Senator aus Komi möchte finno-ugrische Parlamentarier zusammenbringen

Wie komiinform.ru berichtet, hat sich Igor Wasiljew, Vertreter der Republik Komi im russländischen Föderationsrat, dafür ausgesprochen, Parlamentarier aus finno-ugrischen Staaten außerhalb Rußlands sowie finno-ugrischen Regionen in Rußland zusammenzubringen. Unabhängige Staaten, in denen finno-ugrische Sprachen gesprochen werden, sind Finnland, Estland sowie Ungarn. Zu den finno-ugrischen Regionen Rußlands gehären neben Komi unter anderem Mari El, Udmurtien, Mordwinien und Karelien. Eine Internationale Assoziation finno-ugrischer Gesetzgeber könne nach Ansicht des Senators unter anderem dem Erfahrungsaustausch dienen, aber auch bei der Lösung konkreter Aufgaben helfen. Allen Regionen gemeinsam sei die Sorge um die Erhaltung von Kultur und Sprache, aber auch das Bestreben, aktiv an der Realisierung sozialer Projekte und Initiativen mitzuwirken.