Donnerstag, 20. November 2008

Einladung in die Höhle des Bären: Jedinaja Rossija schafft soziales Netzwerk

Anläßlich des gerade laufenden Parteitages von „Jedinaja Rossija“ startete heute in Rußland ein neues soziales Netzwerk im Internet. Neben Mitgliedern der Regierungspartei steht das Portal „Berloga“ auch Angehörigen und Sympathisanten sämtlicher Parteien Rußlands offen.


Auf die Namensgebung scheinen die Macher einige kreative Energie verwendet zu haben. Die Initalien der Partei, das kyrillische E (spriche „je“) und R, sind optisch hervorgehoben in das Wort „Blog“, um ein a ergänzt, eingeschoben. Übersetzt bedeutet Berloga „Bärenhöhle“ und spielt somit auf das Wappentier der Partei an.


Auf der Titelseite wird der Besucher von einem politischen Koordinatensystem der russischen Parteienlandschaft vor dem Hintergrund einer bunten Fahne begrüßt. Elf politische Parteien sind dort anhand der Kriterien „rechts“ und „links“ sowie „Radikalismus“ und „Konservatismus“ eingezeichnet. Dem Zentrum am nächsten, mit leichter Tendenz Richtung „rechts“ und „Konservatismus“, steht „ Jedinaja Rossija“.


Die Seite bietet ihren Benutzern an, Profile anzulegen, stellt Diskussionsforen für jede einzelne Partei zur Verfügung und sieht außerdem Videoblogs vor. Nur drei einfache Regeln werden auf der Titelseite formuliert. Zunächst soll die Meinung von Gegnern respektiert werden. Zweitens soll die Gesetzgebung der Russländischen Föderation beachtet und Extremismus sowie vulgäre Sprache vermieden werden. Der dritte Punkt ist schließlich ein Aufruf, eine „konsequente politische und staatsbürgerliche Position“ zu demonstrieren sowie sich „aufrichtig um das Wohl Rußlands“ zu sorgen.


Mit dem Portal scheint der Partei gleich in mehrerlei Hinsicht ein geschickter Schachzug gelungen zu sein. Zunächst ist sie in einem jungen Medium vertreten und kann sich davon erhoffen, gerade junge und gut ausgebildete Internetnutzer an sich zu binden. Sie gewinnt weiterhin an Terrain im Internet, das aufgrund der restriktiven Bedingungen für Radio, Fernsehen und Printmedien den letzten Rückzugsort für die politische Opposition darstellt. Dies tut sie nicht durch plumpe Zensur, die einerseits dem Image schaden könnte, andererseits aufgrund des Charakters des Mediums nur schwer effektiv sein kann. Stattdessen inszeniert sie sich als die Kraft, die sogar ihren politischen Gegnern Ressourcen zum Meinungsaustausch zur Verfügung stellt. Damit bestimmt sie allerdings auch die Spielregeln des Dialogs. Die Opposition in Rußland muß sich entscheiden, ob sie die Einladung in die Höhle des Bären annimmt.

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